Gendern, KI: Haltung einnehmen in der Sprache

Auch in der Texterbranche gilt es zuweilen, Haltung zu beziehen. Sei es beim Gendern, sei es in der Nutzung von künstlicher Intelligenz wie Chat GPT. Wie in vielen Branchen üblich, gibt es auch in der Textgilde einen Fachverband. Der Berufsverband für Text und Konzept e. V., wie er sich seit kurzem möglichst genderneutral umbenannt hat. Diesem Verband gehöre ich seit 2007 an. Eine Zeit, in der Textschaffende ebenso sensibel mit Sprache umgegangen sind wie heute. Und dennoch war das Gendern kein Thema. Es musste erst politisiert werden.

 

KI schürt Ängste

Rund um die Nutzung der künstlichen Intelligenz (KI) gibt es verständlicherweise zahlreiche Ängste derjeneigen, die befürchten, dass die KI ihnen den Job wegnimmt. Eine Angst, die durchaus berechtigt ist. Denn manche Texte, vor allem die neutralen, beschreibenden oder Suchmaschinentexte können sehr gut von der KI vorbereitet werden und bedürfen gegegebenenfalls nur noch einiger Anpassungen. Das machen sich bereits einige Marketingabteilungen und Werbeagenturen zu Nutze. Warum auch nicht?! Für Inhouse-Agenturen ist es ein Zeitvorteil. Und externe Textende müssen meines Erachtens keine Angst haben, insofern sie Aufträge haben, in denen es um Texte geht, die eine KI in der Qualität gar nicht leisten kann. Und das sind immer noch mindestens  2/3 aller Textaufträge.

 

Mit Sprache die Welt gerechter machen?

Das Gendern ist des Texters Frust – diese Empfindung teilen einige, aber nicht alle Texternden mit mir. Dort, wo man versucht Sprache zu politisieren und zu zweckentfremden, leidet sie. Und verliert an Wirkung., an Schönheit, an Prägnanz.  Die deutsche Sprache der Dichter und Denker war immer eine Sprache, die ebenso von Dichterinnen und Denkerinnen kreativ genutzt wurde, um wunderschöne sprachlich bewegende Kunstwerke zu schaffen.

Schon zu meiner frühen Erwachsenenzeit meinten manche Frauenrechtlerinnen, dass sie mit Sprache die Welt für die Frauen gerechter machen könnten. Ja, Sprache hat eine große Macht. Doch diese äußert sich eher subtil, den meisten gar nicht ersichtlich. Ich bezweifle, dass man mit Doppelpunkt und Sternchen die Welt gerechter machen kann.

 

Geschlechtsneutrale Formulierungen

Ich empfehle meinen Kunden daher den Gebrauch des generischen Maskulins weiterzuführen – gegebenenfalls mit einer kurzen Erklärung für diejenigen, die meinen, sich dadurch benachteiligt fühlen zu müssen. Alternativ verwende ich auch bisweilen die gemäßigte geschlechtsneutrale Form, wie sie auch der Rat für deutsche Rechtschreibung, die maßgebende Instanz für die deutsche Sprache, empfiehlt. Damit einher gehen die Nutzung sowohl männlicher als auch weiblicher Formulierungen bzw. der Versuch von neutralen Formulierungen wie den „Forschenden“ statt den „Wissenschaftlern.“

 

Was bleibt noch zu sagen?

Ich bin  58 Jahre. Da ich mein Leben immer als Mensch gelebt habe, ohne Unterschied zu machen, was eine Frau oder ein Mann zu tun hat, war es für mich niemals eine Option, mögliche Geschlechterkämpfe, Vorurteile oder Nachteile durch grammatikalische Formulierungen ändern oder verbessern zu wollen. Was ist gendergerecht? Letztendlich ist alles eine Haltung und eine Frage der Toleranz und der Zugeständnisse. Und die sollten sich nicht in verkomplizierter Sprache ausdrücken. Für sinnvoller halte ich hier praktische Ansätze wie gleiche Entlohnungen für alle Geschlechter sowie  gemeinschaftliche Aktivitäten, bei denen alle Menschen miteinander etwas sinn- und freudvolles unternehmen. Dann spielt es überhaupt keine Rolle mehr, ob er oder sie oder er/sie/es beim Umzug mitangepackt oder beim Fußball das Tor geschossen hat …